Anton Lehmeier läuft 72,7 km beim Rennsteiglauf

30. Mai
2015

 und das mit 66 Jahren!Logo Rennsteiglauf

Das ist der Hammer, dies war das Motto des 43. Rennsteiglaufs, mit der Königsstrecke über 72,7 km, und genau so kann ich den Slogan auch bestätigen. Rennsteiglauf Toni Lehmeier neuAus einer Laune heraus hatte ich letztes Jahr die Idee, nach ein paar erfolgreichen Halbmarathons und Marathons mich einmal einer ganz anderen Herausforderung zu stellen. Da ich auf unserer Standardlaufstrecke besonders die Nebenwege im Höger Forst mag und gerne laufe war ich hoch motiviert. Leider habe ich keine Mitläufer gefunden und musste mich der Herausforderung alleine stellen.

Ich bin den ganzen Winter über regelmäßig durchgelaufen und habe dann im Frühling mit dem Training begonnen. Nachdem ich ja schon „Teilzeitrentner" bin, hatte ich genügend Zeit meine Läufe zu absolvieren. Es waren sehr viele, endlos lange Trainings, die ich größtenteils alleine bestritt, da ein sehr langsames Tempo angesagt war. Einer der letzten Läufe ging über knappe 50 km und ich fühlte mich ziemlich sicher und vor allem ziemlich fit ! Schön langsam begann die Aufregung, als der Termin näher rückte. Nachdem ich von allen Läufern des SV Geroldshausen noch mal gute Wünsche für den Lauf bekommen hatte (und teilweise auch verständnislose und mitleidige Blicke), machte ich mich mit meiner Frau auf den Weg nach Thüringen. Schon auf der Hinfahrt wurde mir ziemlich flau im Magen, als ich den Thüringer Wald mit dem Rennsteig zu Gesicht bekommen habe. Der Kommentar meiner besseren Hälfte: „Da oben sollst du laufen ? Das geht ja gar nicht !!! Des kann nicht sein" tat natürlich noch sein übriges.

Nachdem wir das Hotel (nur 5 min. vom Start entfernt) bezogen und die Unterlagen geholt hatten, machte sich das altbekannte Lauffieber und Renngefühl breit. Nach der „Knödelparty", die aus Braten mit Knödel und Bier bestand, konnte ich bestens schlafen und machte mich nach einem ausgezeichneten Frühstück in der Früh auf den Weg zum Start. Pünktlich um 6.00 Uhr begann zusammen mit ca. 2400 anderen „Verrückten" der Rennsteiglauf über 72,7 km. Was dann auf der Strecke

kam, sprengte alle meine Vorstellungen und ich war irgendwie froh, vorher nichts davon gewusst zu haben. Thüringens Ministerpräsident beschreibt den Lauf in seinem Grußwort folgendermaßen:

„Unterwegs kämpfen die Sportler mit Wind und Wetter, wechselnder Bodenbeschaffenheit und vor allem mit dem äußerst schwierigen Streckenprofil mit zahlreichen Steigungen. Das macht den Lauf zu einem Wettkampf für Läufer, die gewillt sind, sich bis an die Grenzen der körperlichen Belastbarkeit zu verausgaben und zu quälen!" Dies gibt den Wettkampf eigentlich sehr gut wieder. Nach einem kurzen Lauf durch Eisenach gingen die ersten Serpentinen nach oben. Sehr steil nach oben ! Als es dann in einen Waldweg ging und man feststellt, dass es immer noch nach oben geht (insgesamt 25 km lang) fragt man sich dann doch, was man hier eigentlich macht. Solche Anstiege hatte ich noch nie bewältigt und schon gar nicht laufend. Nach den ersten paar Kilometern freute ich mich sehr, als ein bekannter Rohrbach Läufer hinter mir auftauchte und wir bis km 30 miteinander bleiben konnten. Am ersten Gipfel, dem Inselberg (915,5 m) ging es das erste Mal über die Zeitmesslatte. Doch wer dachte, jetzt wird's leichter, der hatte sich geirrt. Ich hatte nicht gewusst, dass bergab laufen so anstrengend sein kann und vor allem so schmerzhaft. Es ging über Holzbohlen nach unten, so steil, dass man aufpassen musste, nicht hinzufallen, da man sonst hinabgerollt wäre. Kaum das man unten war, ging der Weg wieder nach oben und so zog sich das die ganze Strecke. Die Wege waren absoluter Traillauf, der Höger Forst in seiner abgelegensten Form, ein Spazierweg dagegen. Es ging über Waldwege, Almen, palisadenbefestigte Wege, Feldwege und Brücken. Und das immer tendenziell nach oben. Seit den ersten 7 km gab es in regelmäßigem Abstand Verpflegungspunkte. Ich hatte mir bereits im Training angewöhnt, regelmäßig zu essen und zu trinken. Der warme Tee, den ich teilweise mit Cola und Salz (!) gemischt habe, tat richtig gut, Bananen kennt man ja von unseren Läufen, aber Schmalzbrot, Wurstsemmeln und vor allen Dingen Haferschleim war mir neu. Und was soll ich sagen- ich habe alles gegessen, besonders der Schleim mit Himbeeren war ein Kraftpaket und einfach „Super guad"!!! Es ging mir körperlich total gut, nur begann leider ab km 30 mein Knie zu zwicken. Aber, es hat ja keiner gesagt, dass es leicht wird ! Also, immer weiter! Der wichtigste Punkt, den es innerhalb einer bestimmten Zeit zu erreichen galt, war der km 54, der Grenzadler. Hier wurde entschieden, ob der Läufer aus dem Rennen genommen wird, oder weiter darf. Nachdem ich ohne Probleme meine Startnummer und meinen Namen wusste und auch sonst einen kurzen Smalltalk halten konnte, durfte ich weiterlaufen. Also weiter mit mir selbst, meinen Schmerzen und dem beginnenden Regen und Wind. Gottseidank hatte ich ein Cape dabei, das ich sehr gerne angezogen habe, da der Körper langsam aber sicher an seine Grenzen kam und dementsprechend auskühlte. Ab km 65 beschloss ich im Wechsel zu gehen und zu laufen. Ich ärgerte mich ein bischen, da ich rein körperlich eigentlich total fit war und gerade die geraden und bergab Laufstrecken schneller zu bewerkstelligen gewesen wären. Jetzt wurde auch noch der Untergrund anspruchsvoller und ich war wirklich soweit, dass ich das Ende des Laufes herbei sehnte. Landschaftlich bietet der Lauf alles, was man sich wünscht. Es ist eine Gegend, die wirklich sehr zu empfehlen ist und einen Urlaub allemal wert. Die letzten Kilometer des Laufes zogen sich in die Länge, man glaubt es kaum, wie lange 8 km sein können. Nach einer letzten Steigung konnte ich endlich was hören. Klatschende Zuschauer, Musik und in der Ferne - der rote Torbogen - das Ziel ! Die Zuschauer feuerten mich mit Namen an, mir lief die Gänsehaut, der Anblick war fantastisch. Ich bin nach 10:19 :56 Stunden endlich im Ziel !! Ich hatte es geschafft. Irgend jemand hing mir die Medaille um. Ich konnte es kaum glauben, dass es vorbei war. Ich war unendlich glücklich und auch sehr stolz, mich selber besiegt und nach nur 4 jähriger Lauferfahrung, so ein Rennen alleine bestritten zu haben. Nachdem ich nach einer kurzen Stärkung im Bus zurück nach Eisenach saß, traf ich auch meinen Mitläufer aus Rohrbach wieder, der auch gut angekommen war. Die Rückfahrt dauerte dann leider noch ziemlich lange, aber wenn man 73 km hinläuft, muss man die halt auch wieder zurück ! Nach einer ausgiebigen Dusche im Hotel merkte ich von den Strapazen eigentlich fast nichts mehr, das einzige was mir noch länger beleidigt war, ist mein Knie! Aber, ganz ehrlich, wenn's nicht mehr ist! (Bericht Anton Lehmeier / Sabine Richstein)

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