Reisebericht Kilimajaro Teil 9 Der Gipfelsturm / Tagesberichterstatterin Eva Crone

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Nach dem Wecken und gemeinsamen Teeschlürfen im Zelt füllen wir unsere Wasserflaschen und Thermoskannen mit heißem Tee und stehen nun, alle dick verpackt, in bis zu 7 Schichten Bekleidung vor dem Zelt. Als Franki kommt stellt er uns in Reih und Glied hintereinander auf und lässt uns durchzählen. 1-2-3-------11, fertig. Wie ein leuchtender Glühwurm stehen wir mit unseren brennenden Stirnlampen (auch Hirnbirnen genannt), da und warten auf das Zeichen zum Aufbruch.

9SVG 180Mawenzi UhuruPünktlich um 00 Uhr beginnt dann der längste Tag unserer Expedition, Franki voraus, dann wir 11 Gefährten und zum Schluss Laraa, alle im Gänsemarsch, pole pole, den Berg hoch.

9SVGLemosho Route Ausschnitt
Vom Barafu Hut Camp auf den Gipfel - und zurück bis zum Mweka Camp

Die anderen 3 Guides sind mal vor, mal hinter und meist irgendwie neben uns, umkreisen uns wie die Wachhunde ihre Schafherde. Vor uns eine riesige Lichterprozession, schlangenförmig den steilen Anstieg hoch. Franki hat uns versprochen, dass wir jede Stunde eine kurze Pause bekommen, aber ansonsten zügig durchgehen um pünktlich zum Sonnenaufgang um 6 Uhr am Stella Point, dem 1. Punkt auf dem Gipfel, zu sein. So stapfen wir also hintereinander drein, schweigsam, immer auf den Vordermann schauend. Die erste Stunde verläuft noch einigermaßen angenehm, aber dann machen uns Wind und Kälte zusehends zu schaffen. Außerdem zehren Dunkelheit und Sauerstoffmangel an unseren Kräften.

Die Pause nach der 1. Stunde fällt irgendwie aus und so schleppen wir uns weiter. Bei der ersten wirklichen Pause um 2 Uhr bin ich so erschöpft, dass ich meinen Rucksack nicht mehr alleine abnehmen kann aber die beiden Evas helfen mir. Jetzt fordert die Höhe von Allen Ihren Tribut. Ich gebe als erster meinen Tagerucksack ab und einige andere folgen dann nach.

Lesen wir, was Eva zum Aufstieg schreibt:.

Die schlimmsten Stunden sind die zwischen 3 Uhr und 5 Uhr früh. Irgendwann in dieser Zeit kann Petra nicht mehr und löst sich von der Truppe. Unser Guide Laraa kümmert sich weiter um sie. Auch andere müssen um den Anschluss kämpfen, werden aber von unsren Begleitern immer wieder aufgemuntert und angespornt. Einige hadern mit sich und wollen am liebsten aufgeben. Aber unsere Guides lassen das nicht zu. Franki als erster stimmt immer wieder afrikanische Lieder an und auch alle anderen Helfer tun alles Mögliche um unsere Strapazen zu erleichtern. Um kurz vor 5 Uhr stoppt Gregor den Zug, weil einige wieder abreißen lassen müssen. Wir gehen nun noch langsamer die letzte Stunde zum Gipfel hoch, denn jetzt wird es richtig hart, aber pünktlich um 6 Uhr stehen wir am ‚Stella Point’ und fallen uns überglücklich in die Arme. Einige lassen ihren Tränen freien Lauf. JUHU !!! Was man in diesem Moment empfindet kann man nicht mit Worten beschreiben. In die unglaubliche Freude mischt sich Erleichterung, aber auch die Sorge um Petra. Diese stapft aber schon nach wenigen Minuten mit Laraa heran und so sind wir endlich vollzählig.

Wir alle haben so wie Eva es beschreibt, ein unbeschreibliches Glücksgefühl nach dieser schweren Anstrengung, die wir mit der Unterstützung unserer Begleiter geschafft haben. Diese haben uns fortwährend aufgemuntert, auf die Schulter geklopft, die Kapuzen zugezogen, Rucksäcke getragen, Tee gereicht und so fort. Und nun stehen wir hier, am Kraterrand des höchsten Berges Afrikas gerade rechtzeitig um die Sonne glutrot über dem Gletscher aufgehen zu sehen, unbeschreiblich, ein Szenario das sich nicht in Worte fassen lässt.

9SVG Gipfel
Es ist geschafft - Der Gipfel ist erreicht.

Danke ‚Sir Edmund Hermann’ dass Du das möglich gemacht hast.

Wir machen ein Foto am Schild für den ‚Stella Point’, vielen geht es jetzt wieder ausgezeichnet, das Adrenalin macht es möglich. Ein paar von uns aber haben sehr starke Kopfschmerzen und wollen nicht mehr zum Gipfel gehen, sondern wieder absteigen. Ich frage deshalb Franki nach einem Guide, der sie auf dem Weg nach unten begleiten kann. Franki aber schüttelt den Kopf. Er zeigt mit dem Finger den Grat entlang Richtung Uhuru Peak, der obersten Spitze am Kilimandscharo, ca. 100 Höhenmeter und 45 Minuten von uns entfernt.

‚This is your way, all of you have to go to the Top’

Also machen wir uns auf den Weg, in kleinen Gruppen, immer dem Grat entlang, langsam ansteigend in Richtung Gipfel. Die Aussicht unbeschreiblich schön, rechts von uns der Vulkankrater, links die Gletscher. Wenn es nicht so saukalt wäre könnte man das alles sicher auch genießen, so aber mag ich nicht einmal fotografieren, so sehr friert es mich in die Finger.

9SVG Rebmann
Eine schöne Aussicht auf den Rebmann Gletscher.

An der ‚Congratulations Tafel’ ganz oben, warten wir bis alle zusammen sind und machen unser Gipfelfoto mit der ‚Bayern Fahne’ einem ‚SVG Schal’ und einer Fahne von Tansania, die Eva hält. Nur Petra fehlt leider auf dem Foto. Wir sind schon wieder auf dem Rückweg, als sie uns, eingerahmt von 2 Helfern entgegenkommt, sie bekommt dann Ihr eigenes, separates Gipfelfoto.

Uns fällt auf, dass nicht so viele Leute auf dem Gipfel sind wie wir erwartet haben, einige einzelne Bergsteiger, kaum größere Gruppen. Es kommen auch nur wenige vom ’Gillmans Point’, der Hauptroute zum Kibo, heraufgewandert. Von dem Massenandrang, der hier oben angeblich herrschen soll, merken wir jedenfalls nichts. Ich denke, dass viele schnell wieder den Abstieg angegangen sind und zu einem großen Teil wahrscheinlich auch auf den ‚Uhuru Peak’ verzichtet haben.

Nach ca. 2 Stunden auf dem Krater steigen auch wir in einzelnen kleinen Gruppen wieder ab. Mein Helfer, der schon meinen Rucksack auf den Berg getragen hat, weicht Eva und mir dabei nicht von der Seite. Jeden Schritt geht er vor uns her und zeigt uns wo wir hintreten müssen. Eva schenkt ihm unsere letzten Müsli-Riegel und ich meine Skihandschuhe, die ich jetzt nicht mehr brauche. In 2 Stunden haben wir den Abstieg zurück ins Camp geschafft. Dort werden wir schon von unseren Waitern empfangen, die uns beglückwünschen und für jeden ein Sunkist dabei haben. Dazu sind sie uns extra ein Stück entgegen gegangen.

9SVG UhuruPeak
Noch einmal ein Blick vom Gipfel - auf den Uhuru Peak.

Wir können uns in unseren Zelten noch ein wenig ausruhen und bekommen dann unser Mittagessen. Dann müssen wir auch schon wieder unsere Sachen packen und aufbrechen, da uns noch ein langer Abstieg bis auf fast 2800 Metern Höhe zum ’Mweka Camp’ bevorsteht, mehr als 10 Kilometer, zuerst durch die gewohnte Steinwüste im stürmischen und kalten Wind. Danach beginnt langsam wieder die Heidelandschaft, der Wind lässt nach und wir erreichen das ‚Millenium Camp’ für uns aber leider noch nicht das Tagesziel. Wir müssen noch 5 Kilometer weiter, das letzte Stück auf einem schönen angelegten Weg. Wir treffen auch jetzt kaum andere Bergsteiger, obwohl die ‚Mweka Route’ der einzige gemeinsame Abstieg für alle Kilirouten ist. Deswegen ist der Weg wohl auch so gut ausgebaut.

Mit jedem Kilometer wird es jetzt wärmer, so dass wir zum Schluss im T-Shirt unterwegs sind. Als wir unser Tagescamp endlich erreichen, befinden wir uns schon wieder im Wald. Wir haben heute an einem Tag alle Klimazonen des Kilimanjaro durchquert. Vom Gipfel auf 5900 Meter bis zum Camp auf unter 2900 Metern, also über 3000 Höhenmeter Abstieg an einem langen Tag. Deswegen sind auch alle geschafft, zum Schluss hin hat sich die Gruppe beim Abstieg weit auseinandergezogen.

Am ‚Mweka Camp’ checken wir zum letzten Mal ein und kaufen dabei ein paar Bierchen, die wir vor dem Essen in der Sonne, auf dem lang ersehnten ersten Gras sitzend, trinken. Auch unser Popcorn nehmen wir heute im Freien ein. Dann ein letztes Abendessen im Zelt und ein kurzer Plausch am Tisch. Richtige Feierstimmung will jedoch nicht aufkommen, da wir alle zu erschöpft sind. Aber jeder freut sich auf die Nacht in dem schönen Lager im Wald und in der sauerstoffreichen Luft.

Unser Guide Franki ist richtig stolz auf uns!

So schlafen wir also voller Zufriedenheit hinein, in unsere letzte Zeltnacht am Berg.

Fortsetzung folgt

09. März 2012